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Samstag, 25. September 2010
Zugfahren auf kanadisch
faase, 06:34h
Ich bin in meinem Leben schon Zug gefahren. Und das waren nicht irgendwelche Züge, sondern komplexe und moderne Zugsysteme. Ich bin Shinkansen in Japan gefahren, TGV in Frankreich und ICE in Deutschland. Auch Zuggeruckel in Tschechien und Polen stand schon auf dem Programm. Am aufwändigsten habe ich das Zugfahren bis jetzt im Eurostar zwischen Brüssel und London erlebt. Dort wird, wohl auf Grund der Terrorgefahr, ein ziemlicher Sicherheitsaufwand betrieben - aber die Kanadier haben den Vogel jetzt abgeschossen.
Der kanadische Zugbetreiber nennt sich VIA Rail und betreibt ein vergleichsweise übersichtliches Streckennetz. Das bezieht sich natürlich eher auf die angebotenen Strecken, nicht auf die Kilometerzahlen, die sind in einem Land wie Kanada natürlich nicht ohne. Der Aufriss, den die Kanadier aber für eine Zugfahrt machen, sucht seinesgleichen.
1. Zunächst einmal müssen große Gepäckstücke eingecheckt werden. Wie am Flughafen findet man in der Bahnhofshalle Vorrichtungen der Marke "Gepäck, dass HIER nicht reinpasst, muss aufgegeben werden".
2. Man darf nicht einfach so den Bahnsteig betreten, das wäre ja ein Sicherheitsrisiko. Der Zugang zum Bahnsteig ist abgesperrt und man findet sich an einer Art Gate ein - also schon wieder wie auf dem Flughafen.
3. Verwundert stellt man fest, dass die ersten Fahrgäste sich bereits ca. 1 Stunde vor Abfahrt des Zuges am Gate anstellen. Eigentlich wollten wir noch in Ruhe frühstücken, aber da ca. 40 Minuten vor Abfahrt bereits 40 bis 50 Passagiere anstehen, stellen wir uns verwirrt dazu.
4. Würdevoll schreitet ein Schaffner die Reihe der Wartenden ab und kontrolliert die Tickets (1. Kontrolle).
5. Ca. 10 Minuten vor der Abfahrt kommt endlich Bewegung in die Sache. Die Absperrung vor dem Zugang zum Bahnsteig wird entfernt und man darf nach oben. Allerdings nicht, ohne dem Bahnmitarbeiter an der Treppe den Fahrschein vorzuweisen (2. Kontrolle).
6. Oben auf dem Bahnsteig angekommen steigt man nicht etwa in den Zug ein - das wäre zu einfach! Nein, man zeigt sein Ticket (3. Kontrolle) einer freundlichen Bahnangestellten und bekommt von dieser einen Waggon zugewiesen: Fahrgäste mit gleichem Fahrziel, kommen in den gleichen Waggon.
7. Man läuft den Zug entlang und erreicht den zugewiesenen Waggon. Nach Vorzeigen des Tickets (4. Kontrolle), darf man einsteigen. Heureka, man hat es tatsächlich in den Zug geschafft!
Nun sitzt man also im Zug und kann losfahren. Pustekuchen! Zunächst geht erst einmal der Zugbegleiter (jeder Waggon hat seinen eigenen) durch den Wagen und erläutert allen Passagieren, die an einem Notausgang sitzen, wie man mit dem Nothammer eine Fensterscheibe einschlägt. Just in case. Nachdem die "Safety Features" des Zuges auch den anderen Passagieren über Lautsprecher bekanntgegeben wurden - geht's endlich los!
Bis jetzt ging einem das alles fürchterlich auf den Sack. Nun ja, vielleicht hat man es eher mit einer Mischung aus Verwunderung und Genervtheit aufgenommen, aber auf jeden Fall wird so eine Bahnfahrt schon im Vorfeld unglaublich in die Länge gezogen.
Nicht zu vergessen, dass nach der Abfahrt selbstverständlich die Tickets nochmal vom Schaffner kontrolliert werden. Nicht vom Zugbegleiter des Waggons, den Schaffner für den ganzen Zug gibt's nochmal extra. Ganze fünfmal wurden die Fahrscheine insgesamt kontrolliert, angeschaut, abgestempelt oder auch nur mit einem Schulterzucken zur Kenntnis genommen. Ich weiß nicht, wie hoch die Arbeitslosenquote in Kanada ist - aber ohne dieses ganze Servicepersonal, könnte man sie wohl verdreifachen (zumindest in dieser Hinsicht steht Kanada nicht alleine, es ist eher die Servicewüste Deutschland, die das für uns so ungewöhnlich macht).
Aber es gibt auch Gutes über so eine Zugfahrt zu berichten. Zunächst einmal kommt man dann doch ganz komfortabel durch die Lande. Da fahren keine Hochgeschwindigkeitszüge, aber es ist auch keine Bimmelbahn. Der Sitzabstand ist nicht verkehrt (da könnte sich der ICE ab Version 3 mal ne Scheibe abschneiden) und einmal pro Stunde kommt der Waggonbetreuer durch den Wagen und verkauft Snacks & Beverages - zu durchaus fairen Preisen. Das ist man ja von einem bestimmten deutschen Bahnkonzern auch nicht unbedingt gewöhnt.
Die Zugfahrt endet nach 5 1/2 Stunden, wie nicht anders zu erwarten war: flight-like. "Please remain seated until the train has arrived at the plattform." Na dann, auf ins nächste Reiseabenteuer.
Der kanadische Zugbetreiber nennt sich VIA Rail und betreibt ein vergleichsweise übersichtliches Streckennetz. Das bezieht sich natürlich eher auf die angebotenen Strecken, nicht auf die Kilometerzahlen, die sind in einem Land wie Kanada natürlich nicht ohne. Der Aufriss, den die Kanadier aber für eine Zugfahrt machen, sucht seinesgleichen.
1. Zunächst einmal müssen große Gepäckstücke eingecheckt werden. Wie am Flughafen findet man in der Bahnhofshalle Vorrichtungen der Marke "Gepäck, dass HIER nicht reinpasst, muss aufgegeben werden".
2. Man darf nicht einfach so den Bahnsteig betreten, das wäre ja ein Sicherheitsrisiko. Der Zugang zum Bahnsteig ist abgesperrt und man findet sich an einer Art Gate ein - also schon wieder wie auf dem Flughafen.
3. Verwundert stellt man fest, dass die ersten Fahrgäste sich bereits ca. 1 Stunde vor Abfahrt des Zuges am Gate anstellen. Eigentlich wollten wir noch in Ruhe frühstücken, aber da ca. 40 Minuten vor Abfahrt bereits 40 bis 50 Passagiere anstehen, stellen wir uns verwirrt dazu.
4. Würdevoll schreitet ein Schaffner die Reihe der Wartenden ab und kontrolliert die Tickets (1. Kontrolle).
5. Ca. 10 Minuten vor der Abfahrt kommt endlich Bewegung in die Sache. Die Absperrung vor dem Zugang zum Bahnsteig wird entfernt und man darf nach oben. Allerdings nicht, ohne dem Bahnmitarbeiter an der Treppe den Fahrschein vorzuweisen (2. Kontrolle).
6. Oben auf dem Bahnsteig angekommen steigt man nicht etwa in den Zug ein - das wäre zu einfach! Nein, man zeigt sein Ticket (3. Kontrolle) einer freundlichen Bahnangestellten und bekommt von dieser einen Waggon zugewiesen: Fahrgäste mit gleichem Fahrziel, kommen in den gleichen Waggon.
7. Man läuft den Zug entlang und erreicht den zugewiesenen Waggon. Nach Vorzeigen des Tickets (4. Kontrolle), darf man einsteigen. Heureka, man hat es tatsächlich in den Zug geschafft!
Nun sitzt man also im Zug und kann losfahren. Pustekuchen! Zunächst geht erst einmal der Zugbegleiter (jeder Waggon hat seinen eigenen) durch den Wagen und erläutert allen Passagieren, die an einem Notausgang sitzen, wie man mit dem Nothammer eine Fensterscheibe einschlägt. Just in case. Nachdem die "Safety Features" des Zuges auch den anderen Passagieren über Lautsprecher bekanntgegeben wurden - geht's endlich los!
Bis jetzt ging einem das alles fürchterlich auf den Sack. Nun ja, vielleicht hat man es eher mit einer Mischung aus Verwunderung und Genervtheit aufgenommen, aber auf jeden Fall wird so eine Bahnfahrt schon im Vorfeld unglaublich in die Länge gezogen.
Nicht zu vergessen, dass nach der Abfahrt selbstverständlich die Tickets nochmal vom Schaffner kontrolliert werden. Nicht vom Zugbegleiter des Waggons, den Schaffner für den ganzen Zug gibt's nochmal extra. Ganze fünfmal wurden die Fahrscheine insgesamt kontrolliert, angeschaut, abgestempelt oder auch nur mit einem Schulterzucken zur Kenntnis genommen. Ich weiß nicht, wie hoch die Arbeitslosenquote in Kanada ist - aber ohne dieses ganze Servicepersonal, könnte man sie wohl verdreifachen (zumindest in dieser Hinsicht steht Kanada nicht alleine, es ist eher die Servicewüste Deutschland, die das für uns so ungewöhnlich macht).
Aber es gibt auch Gutes über so eine Zugfahrt zu berichten. Zunächst einmal kommt man dann doch ganz komfortabel durch die Lande. Da fahren keine Hochgeschwindigkeitszüge, aber es ist auch keine Bimmelbahn. Der Sitzabstand ist nicht verkehrt (da könnte sich der ICE ab Version 3 mal ne Scheibe abschneiden) und einmal pro Stunde kommt der Waggonbetreuer durch den Wagen und verkauft Snacks & Beverages - zu durchaus fairen Preisen. Das ist man ja von einem bestimmten deutschen Bahnkonzern auch nicht unbedingt gewöhnt.
Die Zugfahrt endet nach 5 1/2 Stunden, wie nicht anders zu erwarten war: flight-like. "Please remain seated until the train has arrived at the plattform." Na dann, auf ins nächste Reiseabenteuer.
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